Köln: 23.–26.02.2027 #AnugaFoodTec2027

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Nahinfrarot-Spektrometer

Optische Verfahren in der Lebensmittelkontrolle

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Zerstörungsfrei, berührungslos und in Echtzeit – moderne optische Verfahren verändern die Qualitätskontrolle in der Lebensmittelindustrie. Besonders in schwer zugänglichen Bereichen ermöglichen sie präzise Analysen und tragen so zur Effizienzsteigerung, Ressourcenschonung und Produktsicherheit bei. Michael Huber, Produktmanager im Bereich Analytik bei der Polytec GmbH, erklärt im Interview, wie Nahinfrarot-Spektrometer in der Praxis eingesetzt werden – und welchen konkreten Mehrwert sie beispielsweise bei der Olivenölherstellung bieten.

Die Polytec GmbH mit Hauptsitz in Baden-Württemberg ist ein international tätiges Hightech-Unternehmen, das 1967 gegründet wurde. Heute zählt Polytec zu den weltweit führenden Anbietern optischer Messtechnik und beschäftigt rund 450 Mitarbeitende. Neben dem Hauptsitz in Deutschland unterhält das Unternehmen Niederlassungen in den USA, England, Frankreich, Japan, Singapur und China sowie ein umfassendes globales Netzwerk an Vertriebspartnern. Das Unternehmen entwickelt und vertreibt optische Hightech-Messsysteme für Forschung und Industrie – mit Schwerpunkten in der Prozessanalytik, Vibrometrie, Velocimetrie und 3D-Oberflächenanalyse.

Ein Mann trägt einen hellblauen Anzug und ein weißes Hemd mit Blumenmuster. Sein Gesicht ist mit einer grauen Blende unkenntlich gemacht. Im unscharfen Hintergrund sind ein wolkiger Himmel sowie eine ländliche oder industrielle Umgebung zu erkennen.

Michael Huber, Produktmanager, Geschäftsbereich Analytik bei Polytec Quelle: Polytec GmbH

Welche konkreten optischen Messverfahren kommen bei Polytec zum Einsatz, wenn es darum geht, schwer zugängliche Bereiche zu analysieren – beispielsweise in der Lebensmittelindustrie?

Michael Huber: Zur neuesten Generation der Prozessanalytik zählt die Nahinfrarot-Spektroskopie (NIR): Sie basiert auf der Wechselwirkung von Licht im nahen Infrarotbereich mit den Molekülen im Produkt. Je nach chemischer Zusammensetzung absorbiert das Material bestimmte Wellenlängen – daraus lassen sich in Sekundenschnelle wichtige Parameter des Produktes berührungslos und zerstörungsfrei bestimmen.

Zusammen mit Messeinheiten für berührungslose Messungen über Förderbändern oder mit Kontaktmessköpfen für Rohrleitungen oder Lagerbehälter ermöglichen wir die Messung qualitätsrelevanter Parameter wie Feuchte, Protein, Fett oder Zuckergehalt – im 24/7-Betrieb. Die Messeinheiten sind kompakt und flexibel gestaltet, sodass sie sich an unterschiedliche Einbausituationen anpassen lassen. Spektrometer und Sensor sind getrennt und durch ein dünnes, flexibles Steuer- und Lichtleiterkabel verbunden. Dies ermöglicht eine einfache, platzsparende und flexible Integration in Prozesse auch an schwierig zu erreichenden Stellen im Produktionsbereich.

Inwiefern ermöglichen optische Verfahren eine zerstörungsfreie und gleichzeitig präzise Analyse der Eigenschaften von Lebensmitteln? Können Sie ein konkretes Beispiel aus der Praxis nennen?

Michael Huber: Unsere Kunden setzen Polytec-Spektrometer unter anderem bei der Olivenölproduktion ein. Bereits bei der Anlieferung werden die Oliven auf Förderbändern zerstörungsfrei analysiert, um die Qualität und Ölausbeute zu bewerten. So lässt sich frühzeitig entscheiden, wie die weiteren Produktionsschritte gestaltet werden.

Ein weiterer Messpunkt ist der Restölgehalt nach der Presse. Hier überzeugt unser kompakter Messkopf, der einfach am Ausgang des Dekanters installiert wird. Die Messergebnisse ermöglichen eine gezielte Optimierung der Extraktion direkt in der Anlage.

Eine Produktionsmaschine ist mit grünen, schwarzen und braunen Oliven gefüllt. Die Maschine scheint für die Verarbeitung oder Sortierung der Früchte zuständig zu sein; ein leuchtendes rotes Licht befindet sich im Inneren.

Berührungslose NIR-Messung der angelieferten Oliven zur Bewertung der Rohwarenqualität. Quelle: Polytec GmbH

Wie unterscheiden sich diese optischen Verfahren von traditionellen Messmethoden, insbesondere im Hinblick auf Effizienz, Genauigkeit und Nachhaltigkeit?

Michael Huber: Herkömmliche, nasschemische Verfahren erfordern Probenentnahmen, sind zeitintensiv und erzeugen chemische Abfälle. Außerdem liefern sie oft nur punktuelle Ergebnisse und können den laufenden Produktionsprozess nicht durchgehend überwachen. Unsere optischen Verfahren arbeiten berührungslos, schnell und umweltschonend – ohne Prozessunterbrechung. Die Messergebnisse werden über ein grafisches Interface ausgegeben. Hierbei ermöglicht die Software die Darstellung einzelner Parameter über einen Trend-Chart mit Warnfunktion. Tritt bei einem Messwert eine Über- oder Unterdosierung auf, wird dies unmittelbar in der Software sichtbar und Gegenmaßnahmen können unmittelbar eingeleitet werden, um Schwankungen schnell und effektiv auszugleichen.

Welche Herausforderungen treten bei der berührungslosen Messung in industriellen Umgebungen auf – zum Beispiel bei hohen Geschwindigkeiten in der Produktionslinie oder bei unterschiedlichen Oberflächenbeschaffenheiten?

Michael Huber: Die NIR-Messung dauert nur wenige Sekunden, doch bei hohen Fördergeschwindigkeiten ist ein Kompromiss zwischen Geschwindigkeit und Messgenauigkeit wichtig. Wir erreichen bis zu 50 Einzelmessungen pro Minute und mitteln die Werte, um ein verlässliches Gesamtbild der Rohware – etwa angelieferter Oliven – zu erhalten. Ein weiteres Thema ist die Oberflächenbeschaffenheit: Stark verschmutzte Oliven werden zuvor gewaschen und Beiwerk wie Blätter, Zweige und Sand entfernt. Dadurch wird die Genauigkeit der Messung verbessert. Besonders auf Förderbändern sind konstante Produkteigenschaften für präzise Analysen essenziell – was bei Agrarprodukten häufig eine Herausforderung ist.

Ein Teil des eingestrahlten Lichts wird von der Oberfläche und den oberflächennahen Schichten des Materials reflektiert. Die Stärke und das Spektrum dieser Reflexion hängen von den molekularen Bindungen im Material ab – insbesondere von Kohlenstoffbindungen. Daraus leiten wir über eine entsprechende Kalibration für das Analysegut die Messparameter wie Ölgehalt, Feuchtigkeit und Säuregrad ab.

Eine Software-Oberfläche zur Analyse von Milchbestandteilen wird angezeigt. Verschiedene Linien- und Kurvendiagramme sowie Messwerte und Prozentsätze für Fett (4,72 %), Protein (3,45 %), Laktose (4,76 %), FDM (8,92 %) und berechnetes Fett (95,28 %) stehen im Fokus und zeigen die Qualitätsbewertung der Milch.

Polytec-Software zur Echtzeitanalyse mittels NIR-Spektroskopie: Darstellung der gemessenen Parameter wie Fett, Protein, Laktose und Trockenmasse in Milchproben Quelle: Polytec GmbH

Wie lässt sich die Echtzeit-Fähigkeit dieser Technologien für die Prozessoptimierung nutzen, und welchen Mehrwert bringt das für Produzenten und Verbrauchern?

Michael Huber: Im Gegensatz zu klassischen Laboranalysen kann mit NIR-Technologie die gesamte Anlieferung eines Feldes analysiert werden – nicht nur Stichproben. Das erlaubt ein deutlich vollständigeres Bild über Qualitätsschwankungen und erhöht die Produktsicherheit. Gleichzeitig können Prozesse schnell angepasst und optimiert werden, was Rohstoffverluste reduziert und die Wirtschaftlichkeit erhöht.

Wie schätzen Sie die zukünftige Entwicklung optischer Technologien ein – insbesondere im Hinblick auf den Einsatz in der Lebensmittelverarbeitung oder Qualitätskontrolle?

Michael Huber: Optische Verfahren wie die NIR-Technologie werden weiter an Bedeutung gewinnen. Angesichts wachsender Bevölkerungszahlen und steigender Anforderungen an Kosteneffizienz, Qualitätssicherung und Dokumentation kann sich kein Produzent mehr Ausschuss oder Fehlchargen leisten. Der Trend geht klar zur automatisierten Qualitätskontrolle mit minimalem Personalaufwand – eine wichtige Lehre aus der Corona-Pandemie. Nur durch Systemautomatisierung und kontinuierliche Prozessüberwachung lassen sich die zukünftigen Anforderungen in der Lebensmittelbranche erfüllen.

Kontakt für weitere Informationen

Michael Huber
Produktmanager, Geschäftsbereich Analytik
Polytec GmbH
Polytec-Platz 1–7
76337 Waldbronn
www.polytec.com