Köln: 23.–26.02.2027 #AnugaFoodTec2027

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ConProSachet-System

Mit Alginat Kunststoffverpackungen ersetzen

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Wie sich Plastikmüll beim Verpacken von flüssigen oder pastösen Produkten in Beuteln vermeiden lässt, zeigt die Albert Handtmann Maschinenfabrik aus Biberach. Das Unternehmen setzt auf natürliches Alginat und hat mit seinem ConProSachet-System eine Gold-Medaille beim International FoodTec Award 2024 erzielt. Produktmanager Andreas Heckenberger erläutert exklusiv, was hinter der Idee steckt, und welches Potenzial er in der Innovation seines Unternehmens sieht.

Das ConProSachet-System erzielte eine Gold-Medaille beim International FoodTec Award 2024

Herr Heckenberger, was ist das ConProSachet-System?

Das ConProSachet-System ist ein neues Verfahren zum Verpacken von flüssigen oder pastösen Produkten in Beuteln. Das können Gele, Getränke oder auch Saucen sein. Die Hülle besteht aus Alginat und wird während des Befüllens in einem Koextrusionsverfahren hergestellt. Noch während der Gelierung werden die Produktenden geformt und verschlossen.

Welche Vorteile hat Alginat gegenüber herkömmlichen Systemen für die Verpackung?

Alginat wird aus Seealgen gewonnen und ist eine ökologische und nachhaltige Alternative zur existierenden Kunststoffverpackung. Es bietet der Industrie völlig neue Möglichkeiten, bisherige Materialien zu ersetzen. Der signifikanteste Vorteil dabei ist, dass Alginat in wenigen Wochen biologisch abgebaut wird. Wer mag, kann es sogar bedenkenlos mitessen.

Con Pro Sachets Würzsoße

Mit der ConProSachet-Technologie verpackte Würzsoßen

Und wie kommt die Verpackung um die Produkte?

Mit der ConProSachet-Technologie verfolgen wir einen neuen Ansatz. Wir verwenden keine vorkonfektionierte Folie. Stattdessen wird die Hülle parallel zum Befüllprozess hergestellt. Das ermöglicht ein speziell geformter Koextrusionskopf. Zunächst wird ein Schlauch aus Alginat geformt. Anschließend wird das Inhaltsprodukt eingefüllt. Dann schnüren umlaufende Abteilelemente den befüllten Endlosschlauch ein und teilen ihn in eine zusammenhängende Kette von gefüllten Einzelportionen, die sogenannten Sachets. Dabei geliert das Alginat vollständig aus und verschließt so die Sachets, welche anschließend zu Einzelportionen getrennt werden. Die entstandenen Einzelsachets sind von einer elastischen Alginathülle umgeben und können dann weiter behandelt und verpackt werden.

Worin sehen Sie Herausforderungen dafür, dass sich Alginat für Sachets durchsetzt?

Sowohl Sachet-Hersteller als auch Verbraucher müssen bereit sein, Alginat als Verpackung zu akzeptieren. Da gibt es bereits erste Schritte. Denn in verschiedensten Industrien wird Alginat schon heute als Lebensmittelzusatzstoff, Arzneimittel oder bei landwirtschaftlichen Anwendungen eingesetzt. Die Übertragbarkeit auf andere Bereiche hängt von Forschungs-, Entwicklungs- und Anpassungsbemühungen ab. Denn man muss den spezifischen Anforderungen verschiedener Branchen und deren Anwendungen gerecht werden. Hier haben wir bei der Entwicklung des Systems darauf geachtet, dass durch wenig Umrüstaufwand unterschiedlichste Produkte hergestellt werden können. So ist zum Beispiel der Koextrusionskopf einfach auszutauschen und die Transportbänder mit den Abteilelementen sind als Formatteile ausgeführt.

Und wie sieht es auf Verbraucherseite aus?

Es muss gelingen, die Verbraucher von der Notwendigkeit nachhaltiger Verpackungsformen zu überzeugen. Dazu müssen sie ein Stückweit ihr eigenes Verhalten ändern. Gelingt das, ist nicht nur das Marktpotenzial, sondern auch der Gewinn für die Umwelt riesig. Um das zu erreichen, muss zuerst der Bekanntheitsgrad dieser alternativen Verpackung erhöht werden. Das gelingt unserer Ansicht nach am besten, wenn man die Vorteile, wie Nachhaltigkeit und Reduzierung von Plastikmüll kommuniziert und damit ins Bewusstsein der Verbraucher rückt.

Wie sind Sie eigentlich auf die Idee gekommen, Alginat für Sachet zu verwenden?

Handtmann hat ja bereits im Jahr 2003 Alginathüllen für wurstförmige Produkte auf den Markt gebracht. Das war damals eine absolute Revolution. Denn es stellte eine völlig neue Alternative zu den bis dato herkömmlichen Plastik- oder Naturdärmen dar. Dadurch wurde das Londoner Unternehmen Notpla auf uns aufmerksam. Die beiden Gründer Pierre Paslier und Rodrigo Garcia Gonzalez haben sich der Entwicklung vollkommen natürlicher Verpackungslösungen verschrieben. Und eine davon sind eben Alginatbeutelchen mit unterschiedlichsten Füllungen, wie Dressings, Gelen oder Würzsoßen. In Abstimmung mit Notpla haben wir dann das ConProSachet System zur industriellen Produktion dieser Alginatbeutelchen – den sogenannten Sachets – entwickelt.

Also haben Sie die Ärmel hochgekrempelt und losgelegt?

Genau. Unser Funktionsmodell vom ConProSachet-System haben wir möglichst einfach und schnell aus Alu-Profilen gebaut. Dort haben wir Bänder drauf geschraubt und los ging es mit den ersten Versuchen. Die Ergebnisse haben uns absolut begeistert. Das war ein großer Ansporn für alle Kollegen, die Maschine schnell weiterzuentwickeln.

Dabei gab es dann doch sicher auch die eine oder andere Hürde, die Sie meistern mussten?

Ja natürlich. Bei wirklich neuen Technologien gilt es immer Hürden zu meistern. Eine war es, einen prozesssicheren Verschluss der Sachets zu gewährleisten. Denn der ist nur wenige Zehntelmillimeter dick und muss sowohl gleichmäßig als auch präzise sein. Dafür mussten wir die einzelnen Prozessschritte von der Erzeugung der Hülle bis zum Verschließen der Produkte nicht nur zeitlich, sondern auch räumlich exakt aufeinander abstimmen. Denn die Enden können nur so lange geformt und die Produkte sicher verschlossen werden, wie der Geliervorgang des Alginats noch nicht vollständig abgeschlossenen ist. Denn Ober- und Unterseite der Hülle verbinden sich, indem das Alginat vernetzt. Das passiert unter Zugabe von Calciumchlorid. Und dann müssen die Einzelelemente ja auch noch von der Endloskette in fertige Sachets getrennt werden. Sie sehen, das ist ein äußerst komplexer Prozess aus Maschinentechnik mit kontrollierter Ansteuerung der einzelnen Prozessschritte, Abläufe und des Geliervorgangs. Doch wir haben ihn gemeistert.

Warum haben Sie sich dafür entschieden, mit dem ConProSachet-System am International FoodTec Award teilzunehmen?

Eine Award-Teilnahme ist für uns immer sehr emotional. Denn in einer Neuentwicklung steckt stes auch viel Herzblut aller Beteiligten. Und dann steht da auch die Frage nach dem richtigen Zeitpunkt für eine Bewerbung um einen Award im Raum. Man will nicht zu früh an die Öffentlichkeit gehen. Aber auch nicht zu spät. Es ist auf jeden Fall immer ein Mitfiebern. Aber beim ConProSachet-System war uns klar: Die Anuga FoodTec 2024 ist der richtige Zeitpunkt. Da werden wir unser System vorstellen.

Haben Sie sich Chancen auf eine Gold-Medaille ausgerechnet?

Man hofft natürlich immer auf den Gewinn. Aber dieses Mal war es tatsächlich anders. Wir haben uns gute Chancen ausgerechnet. Denn wir sind uns sicher, dass das ConProSachet ein unglaubliches Potenzial hat, einen Beitrag zur Lösung des Plastikmüllproblems zu leisten. Natürlich stehen wir damit am Anfang, und es ist noch ein Weg zu gehen. Aber gerade das zeichnet ja auch absolute Neuheiten aus.

Wie geht es mit dem ConProSachet-System jetzt weiter?

Als erstes haben wir natürlich unsere Ideen, Prozesse und Technologien mit Schutzrechten absichern lassen. Als Startschuss für die Markteinführung haben wir die Anuga FoodTec 2024 gewählt. Dort werden wir das ConProSachet-System zum ersten Mal einem internationalen Publikum präsentieren. Aber selbstverständlich hat das System Potenzial für Weiterentwicklungen. So ist beispielsweise im Grundkonzept bereits die Idee für noch höhere Produktionsleistungen enthalten. Außerdem bietet unsere ebenfalls patentierte Füllstromteiltechnologie die Voraussetzung, um bei Bedarf eine mehrbahnige Lösung anzubieten. Wir können das jetzige Einstiegssystem also flexibel auf künftige Marktentwicklungen und Marktanforderungen anpassen. Als wir das unglaubliche Potenzial der ConProSachet-Technologie und deren positive Auswirkungen erkannt haben, war das ein absoluter Aha-Moment für uns. Denn Alginat kann ja in verschiedenen Größen geformt werden. Das ermöglicht individuelle Beuteldesigns. Den Zuschnitt auf bestimmte Produkte oder Markenanforderungen. So stehen Sachets für Kleinpackungen oder sogar in mundgerechter Form aktuell voll im Trend. Der Fantasie für weitere Anwendungen sind also keine Grenzen gesetzt.

Weitere Infos unter: www.handtmann.de

Andreas Heckenberger

Andreas Heckenberger