KI im Supply Chain Management

Reinhard Vanhöfen ist seit über 25 Jahren als Managementberater mit seiner Firma Vancore Group tätig. Als Co-Gründer und CEO bei OMMM Operations Management Solutions will der Strategiemanager Industriestandorte sichern, „und die produzierenden Prozessindustrie in die Lage versetzen, auch morgen noch erfolgreich zu bestehen.“ OMMM Operations Management Solutions GmbH
Herr Vanhöfen, inwiefern können KI-gestützte Analysen zur Verbesserung der Nachhaltigkeit in der Lebensmittelproduktion beitragen?
KI ermöglicht eine ressourcenschonende Planung, indem Produktionsmengen bedarfsgerecht und mit minimalem Ressourceneinsatz gefertigt werden. Dies reduziert etwa Verderb durch Überproduktion. Denn moderne Prognosealgorithmen können die Bedarfe präziser vorhersagen, was zu einer Reduzierung von Lagerbeständen, einer höheren Lieferzuverlässigkeit und letztlich zur Minimierung von Lieferkettenrisiken führt. Zudem lassen sich Energieeinsatz und Materialverbrauch optimieren. Bei der Nutzung erneuerbarer Energien – etwa Solarstrom – kann KI den Verbrauch so steuern, dass Lastspitzen minimiert und die Energieverfügbarkeit effizient genutzt werden.
Wo setzt OMMM die Schwerpunkte?
Mit unserem KI-gestützten Ansatz optimieren wir die industrielle Planung speziell in der Prozessindustrie. Unsere Software berücksichtigt dabei die gesamte Lieferkette. Das heißt sämtliche Lagerbestände – von Vormaterialien bis hin zu Fertigprodukten – und bezieht diese in die Planung ein. In Kombination mit präziser Bedarfsprognose führt dies zu signifikanten Bestandsreduktionen, geringeren Lagerkosten und besserer Kapitalbindung – daraus resultieren klare Effizienzgewinne.
Wie hoch stufen sie den Bedarf an solchen Lösungen ein?
Viele Unternehmen arbeiten oftmals noch mit analogen Methoden industrieller Planung. Diese sind meist intransparent und benötigen Stunden oder sogar Tage, um zu einem Planergebnis zu kommen – mit der Folge unnötiger Personal-, Rüst- und Reinigungskosten, sowie hoher Ausschussmengen. Wollen Lebensmittelproduzenten ihre Lieferketten jedoch resilient, nachhaltig und flexibel gestalten, lässt sich dies nur durch ein höheres Maß an Digitalisierung und den Einsatz fortschrittlicher KI erreichen.
Wie lässt sich der Erfolg einer KI-Implementierung im Supply Chain Management messen und welche Schlüsselkennzahlen verwenden Sie dabei?
Der Erfolg lässt sich anhand monetärer KPIs wie Rüst- und Reinigungskosten, Lagerkosten, Kapitalbindung, Kosten verspäteter Produktionen sowie Kosten für das Reagieren auf Störungen messen. Weitere relevante Indikatoren sind Anlageneffizienz, Digitalisierungsgrad, Nachhaltigkeit, Reaktionsfähigkeit und Kundenzufriedenheit.
Können Sie konkrete Beispiele nennen, wie Lebensmittelhersteller durch die Implementierung Ihrer Planungslösungen signifikante Einsparungen erzielt haben?
Zentis setzt unsere Software mittlerweile in allen Werken in Deutschland, den USA und Polen ein. Durch die optimierte Planung spart das Unternehmen jährlich über 1,2 Millionen Euro pro Werk. Die Rüst- und Reinigungskosten reduzierten sich um 30 Prozent beziehungsweise 750.000 Euro und die Kosten für Entsorgung von Ausschüssen um 50 Prozent respektive 500.000 Euro pro Jahr. Da weniger Mitarbeitende in der Planung benötigt werden, hat das Personal zudem nun freie Kapazitäten für andere Projekte im Unternehmen gewonnen. Weitere Anwender etwa sind die Firma Schluckwerder und Valeo Foods Group.

OMMM Operations Management Solutions GmbH
Wie stellen Sie sicher, dass Ihre Software den komplexen Anforderungen in der Lebensmittelindustrie gerecht wird? Zumal es sich hierbei um eine sehr heterogene Branche handelt …
In der Tat, jedes Produktions-Setup ist einzigartig und stellt eine Reihe besonderer Herausforderungen dar. Unsere KI ist in der Lage, das bestehende Setup bis ins kleinste Detail digital zu spiegeln, um einen nie dagewesenen Grad an Planungsautomatisierung und -optimierung zu ermöglichen. Unser Mitgründer, die POM Prof. Tempelmeier GmbH, hat die Voraussetzungen dafür geschaffen und Pionierarbeit auf dem gesamten Gebiet der kapazitiven Produktionsplanung geleistet. Zudem haben wir bei OMMM mit unserem Shareholder POM mehr als 20 Jahre Erfahrung in der Implementierung kundenspezifischer Planungslösungen in einer Vielzahl von Branchen. Wir verstehen und kennen die täglichen Herausforderungen des Shopfloors – eine Vielzahl komplexer Regeln, Ausnahmen und Einschränkungen.
Was raten Sie kleinen und mittleren Lebensmittelbetrieben, die sich erstmals mit KI-basierten SCM-Lösungen beschäftigen?
Grundsätzlich müssen Hersteller wissen, wo genau sie stehen. Deswegen führen wir oft zunächst ein sogenanntes Digital Readiness Assessment durch. Hier werden alle relevanten Prozesse in der gesamten Wertschöpfungskette in den Fokus genommen und der Digitalisierungsgrad bewertet: Ist dieser gering, liegt er bei eins. Ist er dagegen hoch, liegt er bei vier. Anschließend folgt eine Analyse der Schwachstellen sowie der größten Kostenverursacher entlang der Lieferkette.
… die Analyse von Daten spielt folglich eine große Rolle bei Ihrer Vorgehensweise. Welche Daten werden miteinbezogen?
Wer sich mit der Produktionsplanungsoptimierung im Lebensmittelbetrieb beschäftigt, sollte sicherstellen, dass neben den Auftragsdaten auch qualitativ hochwertige Forecast-Daten zur Verfügung stehen. Ist dies nicht der Fall, empfiehlt sich der Einstieg über KI-gestützte Prognosesysteme. Parallel dazu sollte die Datenqualität in vorhandenen ERP-, MIS- sowie Lagerhaltungssystemen konsequent überprüft und gegebenenfalls verbessert werden.
Welche Quellen kommen zum Einsatz und wie lässt sich die Datenqualität sicherstellen?
Die Qualität der vorhandenen Daten in den Unternehmen stellt häufig eine der größten Hürden dar. Dennoch ist eine konsistente Datenintegration aus unterschiedlichen Quellen ein entscheidender Erfolgsfaktor. Auch Systeme wie ERP, MIS/BDE oder externe Lagerverwaltungssysteme müssen für eine ganzheitliche Lösung angebunden werden. Die Qualität dieser Daten muss bei Bedarf durch strukturierte Maßnahmen optimiert werden. Hinzu kommt die Integration bislang nicht genutzter, aber potenziell wertvoller Informationen – beispielsweise transportlogistische Kapazitätsgrenzen zwischen Produktionsstufen. Solche Daten waren bislang oft nicht relevant oder wurden nicht erfasst, müssen aber für KI-Anwendungen verfügbar und systematisch abgebildet werden.
Wie integriert sich die OMMM-Lösung in bestehende IT-Infrastrukturen, beispielsweise in ERP-Systeme wie SAP?
OMMM lässt sich nahtlos in bestehende Systemlandschaften integrieren, indem es erforderliche Daten importiert und exportiert. Für SAP liegt eine offizielle Zertifizierung vor, sodass wir unsere Planungslösung nahtlos in die Prozess- und Datenlandschaft von SAP einbetten und deren generisches Planungsmodul ersetzen können. Der Datenaustausch erfolgt in der Regel über iDocs. Diese Integration ermöglicht einen reibungslosen Betrieb ohne Medienbrüche.
Welche zukünftigen Entwicklungen und Erweiterungen sind für die Lösungen von OMMM geplant?
Aktuell pilotieren wir sowohl eine detaillierte Personaleinsatzplanung als auch eine Komplettlösung für die Materialwirtschaft jeweils als Add-on zu den bestehenden Modulen Demand-, Produktions- und Businessplanung sowie Supply Chain Dashboard, die zeitnah als Standardmodul verfügbar sein wird. Darüber hinaus entwickeln wir KI-gestützte Assistenten zur Unterstützung bei täglichen Planungsaufgaben sowie beschleunigte Implementierungsmethoden auf Basis Künstlicher Intelligenz. Insgesamt werden wir unseren Standarisierungsgrad deutlich erhöhen und für unterschiedliche Zielgruppen und Branchen in der Prozessindustrie wie Chemie, Pharma und generell Fließfertiger Ready-to-go-Lösungen bereithalten.
Weitere Informationen:
OMMM Operations Management Solutions GmbH
Leverkusen
Reinhard Vanhöfen
vanhoefen@ommm.ai
https://ommm.ai/